Thermodynamik, Festigkeitslehre, Produktentwicklung, Dichtungstechnik: Beim Bau einer mobilen Kältemaschine für Demonstrationszwecke ist interdisziplinäres Ingenieurdenken gefordert.
In jeder Küche sorgt er dafür, dass unsere Lebensmittel nicht verderben: der Kühlschrank. Wenn die Sonne draussen brennt, sind es Klimaanlagen, welche drinnen für angenehm kühle Temperaturen sorgen, sei es in Verkehrsmitteln, Warenhäusern oder Büros. Wie aber genau wird das Innere des Kühlschranks gekühlt? Woher kommt die kalte Luft der Klimaanlagen? Verantwortlich dafür sind Kältemaschinen.
Im Rahmen eines internen Projektes wurde am Institut für Energiesysteme und Fluid-Engineering (IEFE) der ZHAW School of Engineering eine mobile Kältemaschine entwickelt, welche alle relevanten Komponenten und Vorgänge bei der Kälteerzeugung anschaulich aufzeigt und so für Studenten und Interessierte den Einstieg ins Thema erleichtert. Kubo Tech AG konnte in diesem Projekt im Bereich Dichtungstechnik beratend zur Seite stehen und die benötigten Dichtungen liefern.
Der linkslaufende Kreisprozess
Der zu Grunde liegende thermodynamische Vorgang ist der linkslaufende Kreisprozess. Dieser kann je nach Verwendungszweck für Wärmepumpen oder Kältemaschinen eingesetzt werden und ist integraler Lehrinhalt des Maschinenbaustudiums. In Abbildung 1 ist der Kreisprozess im log p-h Diagramm sowie das Maschinenschema mit den relevanten Komponenten dargestellt. Die folgenden vier Zustandsänderungen werden im Prozess durchlaufen :
1 2: Polytrope Verdichtung des Kältemitteldampfes mit Hilfe eines Drehkolbenverdichters auf das höhere Druckniveau von 9 bar.
2 3: Isobare Kondensation des Kältemitteldampfes unter Abgabe von Wärme im Verflüssiger.
3 4: Adiabate Drosselung des Kältemittelkondensats auf das tiefere Druckniveau von 4 bar im thermostatischen Expansionsventil.
4 1: Isobare Verdampfung des Kältemittels unter Zufuhr von Wärme im Verdampfer.
Die Kältemaschine
Die Kältemaschine bewegt sich mit einer Kälteleistung von ca. 120 W in der Grössenordnung eines kleinen Kühlschrankes. Der Verdampfer repräsentiert den Kühlraum des Kühlschrankes, wo die Wärme entzogen wird. Er wird auf ca. 8°C heruntergekühlt. Der Kondensator ist bei einem Kühlschrank auf der Rückseite angebracht und führt die Wärmeleistung aus dem System bei einer Temperatur von 45°C in die Umgebung ab. Diese entspricht der Summe der Kälte- und der Verdichterleistung, also rund 155 W. Die elektrische Leistung für den Verdichter beträgt 35 W. Um den Energieaufwand zu spüren, kann diese komplett mit Muskelkraft an einer Handkurbel erzeugt werden. Dies zeigt anschaulich, wie energieaufwändig die Kälteerzeugung ist.
Nicht nur Kühlschränke und Klimaanlagen, sondern noch viele andere Anwendungen von Kältemaschinen führen dazu, dass die Erzeugung von Kälte in der Schweiz rund 14 % des elektrischen Stromverbrauchs verursacht . Es handelt sich um einen sehr energieaufwändigen Prozess, der dringend mit mehr Sensibilität betrachtet werden sollte. Das IEFE leistet mit dieser Kältemaschine und mit dem neuen Kältelabor einen wichtigen Beitrag zu dieser Sensibilisierung.
Konstruktion
Das Ziel war eine Kältemaschine, bei der alle relevanten Komponenten sichtbar und zum Anfassen angebracht sind. Bei einem Kühlschrank oder einer Klimaanlage sind diese im Normalfall verborgen. Das einmalige Herzstück der Maschine sind die beiden Wärmetauscher (Verdampfer und Kondensator), welche vollständige Einsicht in die Zustandsänderungen des Kältemittels bieten. Die Randbedingungen für die Kältemaschine waren, dass die Verdichterleistung von Hand aufgebracht werden kann und sowohl Verdampfung als auch Kondensation gegenüber der Umgebungstemperatur erfolgen sollen. Um mit moderaten Drücken arbeiten zu können, wurde als Kältemittel R134a eingesetzt. Zwei Manometer zeigen die beiden Druckniveaus und damit verbunden die Verdampfungs- und Kondensationstemperatur.
Die grosse Herausforderung stellten die beiden Wärmetauscher dar: Unter grossen Schaugläsern soll das Kältemittel in schmalen Alukanälen gut sichtbar kondensieren resp. verdampfen. Die Dimensionierung der Wärmetauscher hängt im Wesentlichen von der benötigten Wärmeübertragungsfläche für die Wechsel der Aggregatszustände ab. Die Wärmezu- bzw. Abfuhr geschieht mit Hilfe von grossen Kühlrippen und zwei Lüftern auf der Rückseite der Wärmetauscher.
Der hohe Prüfdruck von 16 bar stellte hohe Anforderungen an die Schaugläser. Mit FEM-Rechnungen wurde eine Mindestdicke von 60 mm berechnet, um die zulässigen Zugspannungen im Glas nicht zu überschreiten. Das Glas wurde als dreifach-Verbund Floatglas gefertigt. Auch die Aluminiumteile mussten entsprechend massiv konstruiert werden.
Als Dichtung der Schaugläser werden Flachdichtungen eingesetzt. Bei der Materialwahl für die Dichtung war das zentrale Thema die gleichzeitige Beständigkeit gegenüber dem Kältemittel und dem Schmieröl für den Verdichter. Als Kältemittel wird R134a eingesetzt und die Schmierung erfolgt mit einem Öl auf Polyolester (POE) Basis. Dieses bietet den Vorteil, dass es im Kältemittel gut löslich ist und dadurch im Kältekreis leicht mittransportiert werden kann. Eine Teflon Dichtung vom Typ Gylon® blau Style 3504 war die erste Wahl wegen der guten chemischen Beständigkeit und einer minimalen Flächenpressung von gerade einmal 9 N/mm2. In einem ersten Test hat jedoch das dreifach-Verbund Floatglas Spannungsrisse erhalten. Die Spannungsspitzen mussten daher reduziert werden. Nach einer umfangreichen Recherche wurde dann auf einer Seite eine NBR-Flachdichtung eingesetzt, deren Mindestflächenpressung rund zwei Drittel kleiner ist als die der Gylon® Dichtung. Um die Beständigkeit gegenüber dem Esteröl gewährleisten zu können, darf der Nitrilanteil der NBR-Dichtungen jedoch 36 % nicht unterschreiten. Durch diese Massnahme konnte die Kältemaschine erfolgreich abgedichtet werden.